Die Cala Ratjada liegt etwas abseits im Nordosten von Mallorca. Obwohl hier auch schon Truppen von feierwütigen Fußballmannschaften einfallen, ist das ganze Ambiente dennoch noch etwas ruhiger und familiärer. Besonders beeindrucken hier die zahlreichen Buchten mit ihren fantastischen Stränden. Dazu gesellt sich eine raue Felsenküste. Karge und auch bewaldete Hügel bieten landschaftliche Abwechslung.
Auf einen dieser Hügel auf 273 Meter über dem Meeresspiegel möchte ich euch heute mitnehmen. Der Talaia de Son Jaumell, so heißt dieser Berg, auf dessen Spitze Überreste eines im Mittelalter erbauten Aussichtsturmes zu bestaunen sind. Er thront über der Bucht von Agulla, dem schönsten Strand in der Gegend.
Wer diese reizvolle, aber auch sehr anstrengende Tour nachmachen möchte, dem empfehle ich vorab, diesen Fehler zu vermeiden:
Falsches Schuhwerk! Wer denkt, Trekking-Sandalen oder einfache Turnschuhe werden schon reichen, der wird am Ende der Tour an mich denken. Bergwanderschuhe sind definitiv zu empfehlen. Besonders, wenn man wie ich den steilen Abstieg zur Cala Mesquida wählt, aber davon später mehr.
Tourkarte (Wanderung/Bus-Runde)
Startpunkt: Naturschutzgebiet Cala Lliteras
Ich starte die Tour in der unter Naturschutz stehenden Bucht Cala Lliteras. Hier komme ich kaum vorwärts, weil ein Fotomotiv das nächste jagt. Eine gut ausgebaute Strandpromenade führt zur beliebtesten Bucht in Cala Ratjada, der Cala Agulla.
Cala Agulla: Traumhafte Bucht bei Cala Ratjada
Das türkisblaue Wasser lockt und ein Sprung ins Wasser hält, was er verspricht. Feinster Sandstrand, keine Steine im Meer, glasklares Wasser, eine Badebucht wie gemalt. Schnorchler finden hier ein Paradies an Tauchmöglichkeiten an den Rändern der Bucht vor. Toiletten, Snackbars und das gute Gefühl, Rettungsschwimmer im Hintergrund zu haben, könnten mich fast überreden den Tag hier zu verbringen. Nee, heute nicht, die Temperaturen der nächsten Tage sollen weiter steigen und oben auf dem Gipfel steht kein Baum mehr. Jetzt und heute ist der Tag, Ende Mai 2022. Um zum Berg zu gelangen, überquert man den feinen Sandstrand in seiner kompletten Ausdehnung.
Cala Molto - abgelegene Bucht bei Cala Ratjada
Nach kurzem Aufstieg kommt man zu einer weiteren Bucht. Sie liegt etwas versteckt und ist dementsprechend weniger stark besucht. Die Cala Molto kann aber darüberhinaus nicht mit der Schwester-Bucht Cala Agulla mithalten, was den Strand und das Meer angeht. Wer es aber etwas ruhiger mag, ist hier auch gut aufgehoben.
Markierungen auf der Tour
Man soll sich doch wundern, dass es auf dieser abgelegenen Tour doch durchaus eine funktionierende Streckenführung gibt. Etwas unorthodox mit überwiegend roten Punkten. Aber es klappt! Angesichts des manchmal ungenauen GPS-Signals der Komoot-Wegweisung hat sich das als sehr hilfreich erwiesen.
Aufstieg unter Aleppo-Kiefern
Am Ende des Strandes gilt es, den Sand aus den Schuhen zu bekommen, sonst sind Blasen vorprogrammiert. Die Aleppo-Kiefern bieten angenehmen Schatten, die Steigung ist moderat und der Weg breit. Hier unten sind eine ganze Menge Leute unterwegs. Sogar Ausritte auf Pferden sind hier möglich und können inklusive Guide gebucht werden. Der Weg ist sehr uneben und gibt bereits einen kurzen Vorgeschmack auf das was kommt.
Oben hängen die Trauben - Bergaufstieg am Talaia de Son Jaumell
Der anfangs breite Weg wird schmaler und steiler. Jetzt muss man kraxeln. Auch die Routenführung wird schwerer. Die doch grobe Navigationshilfe durch komoot muss jetzt ersetzt werden durch Fährtenlesen. Zum Glück gibt es hier auf dem Trail ja die Markierung mit den roten Punkten. Dadurch lässt sich der leichteste Weg nach oben gut finden. Wehe dem, der von der Fährte abkommt. Das Klettern wird mühsam. Das Gelände ist sehr uneben und hier fordern die falschen Schuhe ersten Tribut. Pausen mit atemberaubenden Ausblicken entschädigen und lassen die Füße vergessen. Die Kiefern spenden immer noch angenehmen Schatten, zum Glück, der Schweiß rinnt trotzdem talwärts.
Endspurt - Gipfelsturm zur Wachturm-Ruine
Das Ende der Schatten spendenden Aleppo-Kiefern ist erreicht. Jetzt kommt der Angriff auf den Gipfel, ohne Schutz der Sonne ausgeliefert. Sie malt sofantastische Farben aufs Meer, dass einem das völlig egal ist. Der Weg ist etwas weniger steil und die Meter Richtung Ruine werden zügiger. Trotz des beschwerlichen Aufstiegs gibt es doch zahlreiche Co-Verrückte, die die Sangria am Strand gegen den Schweiß in der Mittagssonne getauscht haben.
Der Weg ist das Ziel - Die Belohnung auf dem Gipfel des Talaia de Son Jaumell
Das Erklimmen des Gipfels ist immer wieder ein ergreifendes Erlebnis. Den beschwerlichen Weg hinter sich zu haben und am Gipfel zu stehen, ist ein tolles Erlebnis. Hier am Talaia de Son Jaumell wird man reichlich belohnt mit dem Ausblick über Cala Ratjada mit der Cala Agulla auf der einen Seite und der Cala Mesquida auf der anderen Seite. Zeit für ein ausgiebiges Picknick und eine Pause für den weiteren Weg, der beschwerlicher wird als mir lieb ist, gönne ich mir.
Nach dem Höhepunkt beginnt das Abenteuer - Abstieg zur Cala Mesquida
An dieser Stelle sei gesagt, empfehlen werde ich meine Strecke jetzt nicht. Vielleicht würde ich beim nächsten Mal den gleichen Weg zurück gehen, wie ich gekommen bin. Vielleicht aber auch nicht, bin da echt unschlüssig. Mit den richtigen Schuhen wäre es vielleicht nicht so schlimm gewesen, aber mit leichtem Schuhwerk, never ever again!
Der Weg zur Cala Mesquida ist ebenfalls mit Farbe auf Steinen markiert. Es ist die blaue Route. Das ist wirklich sehr hilfreich in dieser Geröllwüste. Schritt für Schritt muss sorgfältig gesetzt werden, sonst kann man leicht ins Rutschen geraten. Es ist richtig steil. Kein Schatten wie auf der anderen Seite des Berges. Die Sonne brennt unerbittlich vom Himmel. Der Schweiß rinnt. Ausreichend Wasser ist hier Pflicht. Unterwegs begegnen mir Wanderer, die mich um Wasser anbetteln. Wasser zu haben, bekommt hier einen anderen Stellenwert. Ziegen trifft man hier einige, die jeden noch so kleinen Grashalm abfressen. Neben den ganzen Beschwerlichkeiten bleibt aber eins: Ein atemberaubender Blick über das Meer. Vor lauter Konzentration auf das Klettern verliert man das allerdings manchmal aus dem Fokus. Der Weg zieht sich.
Cala Mesquida - Einzigartige Dünenlandschaft
Unten in der Bucht sieht man die Leute chillen. Eine Strandbar lockt mit kalten Getränken. Endlich, nach gut einer Stunde, ist der Strand erreicht. Zielstrebig geht es zur Strandbar. Das bestellte Bier rinnt sekundenschnell durch die Kehle und verdunstet auf dem Weg zum Magen. Hier fällt die Entscheidung: Der geplante Rundkurs zurück nach Cala Ratjada wird ersetzt durch eine Busfahrt. Zu stark sind die Füße in Mitleidenschaft gezogen. Man muss sich auch nicht quälen. Insgesamt hat der Trail 3:37 Stunden unter höchsten Anstrengungen gedauert. Die Entfernung klingt mit 5,3 km gar nicht so spektakulär, allerdings beinhaltet die Tour 260 Höhenmeter (und was für welche!)
Fazit:
Wer den Text gelesen hat, könnte zu der Ansicht gelangen, die Wanderung wäre eine Qual gewesen. So ist es nicht. Sie war durchgehend anstrengend, aber die Landschaft und die Ausblicke entschädigen für alles. Schade, dass die falsche Ausrüstung das Erlebnis getrübt und letztendlich verkürzt haben. Seid nicht gewarnt, nur informiert. Wer das liest kann es besser machen. Dafür mach ich das hier ja 🙂
Das scheint eine Route für sportliche jüngere Leute zu sein!
Gab es nirgendwo einen Hinweis, welches Schuhwerk angesagt wäre??
Wir haben auf dem Athabasca Gletscher auch Japanerinnen mit Bastpantöffelchen aus dem Snowmobil aussteigen sehen. 🤣
Schöner Bericht und tolle Fotos. Wir versuchen nächste Woche in deine Fußstapfen zu treten und werden den Pfad mal abwandern. Die richtigen Schuhe liegen schon im Koffer;-)
Das scheint eine Route für sportliche jüngere Leute zu sein!
Gab es nirgendwo einen Hinweis, welches Schuhwerk angesagt wäre??
Wir haben auf dem Athabasca Gletscher auch Japanerinnen mit Bastpantöffelchen aus dem Snowmobil aussteigen sehen. 🤣
Schöner Bericht und tolle Fotos. Wir versuchen nächste Woche in deine Fußstapfen zu treten und werden den Pfad mal abwandern. Die richtigen Schuhe liegen schon im Koffer;-)
Hallo Sandra, vielen Dank für die Blumen! Viel Spaß beim Gipfelsturm, mit Wanderschuhen sicherlich kein Problem. Liebe Grüße Arne